Am 3. Dezember 2014 entführten wir Sie in gleich zwei fremde Welten: Kommissar „Pascha“ aus Istanbul, ein special agent im Dienste der Bayerischen Polizei, in seinem zweiten Kriminalfall, Bierleichen. Geschaffen hat den grantelnden Ermittler der türkischstämmige Su Turhan, der über das Medium Film zum Kriminalroman kam.
Kommissar „Pascha“, dessen richtiger Name Zeki Demirbilek zumindest für bayerische Leser ein Zugenbrecher ist, ist eine Kunstfigur, aber eine, die vielen von uns vertraut ist – sagen wir ganz selbstkritisch, denn in vielen von uns Männern steckt doch etwas von einem Pascha, zumindest etwas?
Aber das ist eher ein Randproblem in Turhans Kriminalromen. Es geht ihm vielmehr darum, das verbindende der beiden Kulturen darzustellen, und das gelingt ihm mit einem sehr gefälligen Augenzwinkern. Der Kommissar grantelt ganz bayerisch, ist aufbrausend und übellaunig, was am Fastenmonat Ramadan liegen könnte? Sein Magen knurrt, er fantasiert von Butterbreze und Weißbier und verspricht, künftig nur noch jeden zweiten Sonntag Schweinebraten zu essen. Das kennen wir doch?
Völkerverständigung auf humoristische Art
Su Turhan gelingt, was in der Politik heftig diskutiert wird. Er findet Gefallen am Spagat zwischen diesen beiden doch so vertrauten Welten, und es tut gar nicht weh. Man darf herzlich lachen, jawohl, das ist politisch korrekt, denn in seinen Geschichten hält er uns auch manchen Spiegel vor. Turhan will seine Leserschaft unterhalten, nicht kritisieren. Den Sorgen und Nöten türkischer Einwandererkinder hatte er sich in seinem Spielfilm „Ayla“ gewidmet. Jetzt geht es ihm darum zu zeigen, dass ein bayerischer Türke seinen Platz in unserer Gesellschaft findet, schließlich ist es ihm auch gelungen.
Als Zweijähriger reiste er mit seinen Eltern von Istanbul nach Straubing, studierte später in München Germanistik mit Schwerpunkt Filmphilologie und arbeitete als Aufnahmeleiter und Regieassistent, bevor er erste Preise für eigene Filmprojekte errang (Deutscher Kurzfilmpreis in Silber für Gone Underground; Publikumspreise in New York und Siena für Ayla). Als er 2012 ein Drehbuch für eine bayerisch-türkische Figur schreiben sollte, entschied er sich für einen Krimi-Kommissar: „…weil ich das Genre mag, und ja, weil solch ein Charakter autobiografisch ist.“
Zur Story
Kommissar Pascha von der Soko Migra, für Fälle mit Migrationshintergrund, bekommt zu tun. Und das reichlich. Aus der Isar wird eine Bierleiche gefischt. 4,2 Promille – das haut selbst den stärksten Türken um. Die Ermittlungen führen zu einer renommierten Münchner Privatbrauerei und damit zu den schlimmsten Aufständen in der bayerischen Landeshauptstadt. Will doch die Brauerei künftig in Istanbul türkisches Bier nach bayerischem Reinheitsgebot brauen.
Eine aufgebrachte Menge demonstriert gegen den Frevel. Erst nimmt der Türke die Arbeitsplätze weg und nun auch noch die Arbeitsstätten samt hochheiligstem Kulturgut! Es ist Ramadan, der Magen knurrt, das Bier lockt – verschärfte Bedingungen für Kommissar Pascha und sein bayerisch-türkisches Team.
„Völkerverständigung auf die humoristische Art, das ist es, was der Münchner Schriftsteller und Filmemacher mit seinen Kriminalromanen um Kommissar Pascha betreibt“, schreibet die SZ extra. Und die WELT: „Turhan skizziert Biographien und Charakterkonstellationen, lässt sich Liebesgeschichten entwickeln. Betreibt vor allem umfangreich und nur manchmal ein bisschen offensichtlich und klischeeerfüllend ein kulturelles Doppelkopfspiel mit den Grenzen der und zwischen den Kulturen.“